Ein kleiner Ballon löscht das Störfeuer im Vorhof

GRN-Klinik Eberbach: Dr. Daniel Herzenstiel und Prof. Dr. Eberhard Scholz referieren im katholischen Pfarrheim St. Johannes Nepomuk über die Volkskrankheit Vorhofflimmern und zeigen Wege der modernen Behandlung auf


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Ein kleiner Ballon löscht das Störfeuer im Vorhof

GRN-Klinik Eberbach: Dr. Daniel Herzenstiel und Prof. Dr. Eberhard Scholz referieren im katholischen Pfarrheim St. Johannes Nepomuk über die Volkskrankheit Vorhofflimmern und zeigen Wege der modernen Behandlung auf

Plötzlich schlägt das Herz nicht mehr so regelmäßig wie gewohnt. Es stolpert, holpert, setzt zeitweilig kurz aus. Angst macht sich breit, Panik. Vorhofflimmern ist die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen und damit eine wahre Volkskrankheit.

„Mehr als 1,8 Millionen Bundesbürger sind aktuell davon betroffen; Tendenz steigend“, hob Dr. Daniel Herzenstiel, Leitender Arzt für Kardiologie und Angiologie in der GRN-Klinik Eberbach, zu Beginn seines Vortrags „Was man über Vorhofflimmern und andere Rhythmusstörungen wissen muss“ hervor. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Herzwochen statt, initiiert von der Deutschen Herzstiftung. Dass Dr. Herzenstiel als Gastgeber und sein Schwetzinger Kollege Prof. Dr. Eberhard Scholz bei den Eberbacher Bürgern mit diesem Themenkonstrukt ins Schwarze getroffen hatten, machte die Tatsache deutlich, dass mehrere zusätzliche Stuhlreihen herbeigeschafft werden mussten und der Pfarrsaal räumlich an seine Grenzen stieß.

„Jeder spürt gelegentlich sein Herz stolpern. Auch wenn es sich dabei meist um harmlose Zwischenschläge – Extrasystolen – handelt, ist zur Kontrolle ein EKG und gegebenenfalls ein Langzeit-EKG angebracht“, so Dr. Herzenstiel. „Davon abzugrenzen sind die eigentlichen Rhythmusstörungen. Ein typisches Beispiel einer meist im rechten Vorhof entstehenden Störung ist das Vorhofflattern“. Dort komme es durch einen anhaltenden Stromkreislauf aus der Ruhe heraus zu einem regelmäßigen Puls von 120 und 170 Schlägen pro Minute.

Beim Vorhofflimmern hingegen sei der Puls vollkommen unregelmäßig, chaotisch gar. Dr. Herzenstiel: „Man unterscheidet zwischen bradyarrhythmischem, der langsamen Form mit einem Puls unter 60 Schlägen pro Minute, welche meist bei älteren Menschen auftrete, und dem tachyarrhythmischen Vorhofflimmern mit mehr als 100 Schlägen pro Minute, meist beim ersten Auftreten oder bei jüngeren Menschen.“

Risikofaktoren, die das Vorhofflimmern begünstigten, seien neben dem Alter und dem Geschlecht – Männer seien hiervon weit häufiger betroffen als Frauen –, so der Kardiologe, auch Diabetes, Bewegungsmangel, Nieren-, chronische Lungen- und insbesondere Erkrankungen aus dem kardiologischen Bereich. Auch Rauchen, unausgewogene Ernährung, viel Alkohol und hohes Körpergewicht könnten das Herz aus seinem Takt bringen. Und dennoch, so die gute Nachricht, gebe es viele Wege, das Vorhofflimmern in Schach zu halten. „Hinweise auf Vorhofflimmern erhält man durch Testen des Pulses, durch Blutdruckmessgeräte oder durch die Erkennungsalgorithmen von ;Wearables`,  also durch Messinstrumente wie eine Smart-Watch, die man bei sich trägt“. Da Vorhofflimmern oft unentdeckt bleibe, aber gravierende Gesundheitsrisiken mit sich bringen könne, sollte jeder Bürger ab 75 Jahren (in diesem Alter habe jeder Zehnte Vorhofflimmern) immer wieder einmal ein EKG machen lassen.

 „Die endgültige Diagnose stellt der Arzt jedoch nur, wenn in einem 12-Kanal-EKG, im Langzeit-EKG oder in einer mindestens 30 Sekunden langen, die Arhythmie beweisenden Ein-Kanal-EKG das Vorhofflimmern dokumentiert ist“, führte der erfahrene Sportkardiologe aus. Hintergrund sei, dass mit der Diagnosestellung drei Maßnahmen erforderlich seien – die Blutverdünnung, das Rhythmusmanagement und die Erkennung und Behandlung der Ursachen.

Zur Verhinderung eines Schlaganfalls müsse fast jeder Fünfte Gerinnungshemmer einnehmen. So stünden die Antikoagulanzien, die Vitamin-K-Antagonisten sowie Heparine, also Bauchspritzen, zur Verfügung. „Für ein besseres Rhythmusmanagement gibt es Medikamente und invasive Verfahren wie die Elektrokardioversion und nicht zuletzt die Katheterablation.“ Als dritte Säule des Behandlungspfads müssten die Begleiterkrankungen wie Koronare Herzerkrankungen, aber auch Herzschwäche sowie Erkrankungen an den Herzklappen vom Kardiologen erkannt und behandelt werden.

Bei seinem Vortrag über moderne Therapieformen legte Prof. Dr. Eberhard Scholz seinen Schwerpunkt auf die Katheterablation, eine Methode, die, in den späten 90er-Jahren erstmalig angewandt, noch relativ jung sei. Zur Beseitigung der auslösenden Unruheherde habe man zunächst mittels Wechselstroms in der linken Vorkammer des Herzens eine Verödung durchgeführt. Prof. Dr. Scholz: „Das müssen Sie sich wie eine Schweißnaht vorstellen, die sich um die Einmündung der vier Lungenvenen in die linke Vorkammer des Herzens legt.“

Aktuell ist die verbreitetste Methode die Ablation mittels eines Kälteballons: „Dieser misst lediglich knapp drei Zentimeter im Durchmesser und wird erst am Ort seiner Bestimmung mit Lachgas zu dieser Größe aufgepumpt. Auf diese Weise friert der Ballon bei einer Temperatur von etwa minus 50 Grad fest, sorgt für eine temporäre Vereisung dieses Bereichs und bewirkt, dass die Lungenvene am Übergang zum linken Vorhof durch den Kälteschock vernarbt.“ Somit werde diese isoliert und könne fortan keine „Störfeuer“ mehr senden, das Flimmern habe ein Ende.

In einem kurzen, sehr interessanten Film sahen die über 150 Gäste im Pfarrheim eindrucksvoll, wie die Pulmonalvenenisolation (PVI) genannte Prozedur in meist weniger als einer Stunde vonstattengeht.  

Den überaus informativen Charakter dieses Abends rundeten das Katheter-Team sowie die kardiologischen Oberärzte Dr. Ahmed Alboji und Dr. Boris von Niessen ab, welche mit verschiedenen Broschüren und Flyern der Deutschen Herzstiftung den Besuchern im katholischen Pfarrheim Wissenswertes in Druckform und im Gespräch mit auf den Nachhauseweg gaben. 

 

Weitere Informationen unter www.grn.de/ /eberbach/klinik/innere-medizin/schwerpunkte/kardiologie sowie unter www.grn.de/schwetzingen/klinik/kardiologie/die-fachdisziplin