Sie helfen, wenn andere schwer oder gar lebensbedrohlich verletzt sind – und das jeden einzelnen Tag: Die Mitarbeitenden in den Notaufnahmen. Am 27. Mai ist Tag der Notfallmedizin, an dem auf die Leistungen und auch Probleme in der Notfallversorgung aufmerksam gemacht werden sollen. Vier Pflegekräfte der GRN-Notaufnahmen erzählen, wie vielschichtig, abwechslungsreich und überraschend ihr Arbeitsalltag ist.
Dienstagmorgen, 9.32 Uhr. Ein junger Mann in Arbeitshosen betritt das Behandlungszimmer der Zentralen Notaufnahme an der GRN-Klinik Weinheim. Er hat einen Pullover notdürftig um die Hand gewickelt, um die Blutung zu stoppen. Der Handwerker sei beim Schneiden mit einem Cuttermesser abgerutscht und habe sich tief in die Handfläche geschnitten, berichtet er. „Ein typischer BG-Unfall“, sagt Anja Martin, pflegerische Leiterin der Notaufnahme. „Arbeitsunfälle sind unser tägliches Brot.“ „Wir schauen uns die Wunde an, ob Sehnen oder gar Knochen verletzt sind. Dann müsste er operiert werden. Ansonsten näht ein Arzt die Wunde wieder zu“, erläutert Martin das Vorgehen.
Was ihr Arbeitstag so bringt, ist für Anja Martin und ihre Kollegen in der ZNA jedes Mal eine Überraschung. Das macht für ihren Sinsheimer Amtskollege Florian Zeller das Besondere an seinem Job aus: „Man weiß nie, was kommt. Jeder Tag ist anders und wir kümmern uns um verschiedene Menschen mit den unterschiedlichsten akuten Krankheitsereignissen.“
Doch nicht nur die unerwarteten Fälle machen die Arbeit in der Notaufnahme abwechslungsreich. „Auch die Pflege ist sehr umfangreich und vielfältig. Von der Ersteinschätzung über Blutentnahmen, EKG und Wundversorgung bis hin zum Gipsen müssen wir vieles können und fast täglich anwenden“, erläutert Zeller. „Außerdem arbeiten wir mit vielen Berufsgruppen zusammen, sind die Schnittstelle rund um die Versorgung der Patienten“, ergänzt Sven Gärtner, Pflegerischer Leiter der ZNA der GRN-Klinik Schwetzingen. So arbeiten die Pflegekräfte nicht nur eng mit den Ärzten zusammen, sondern auch mit Rettungskräften, dem Labor, den verschiedenen Stationen, dem Bettenmanagement, Reinigungspersonal oder auch Taxifahrern oder Krankentransporten. Sven Gärtner: „Patienten und Angehörige fragen sich oft, warum wir so viel telefonieren. Das liegt eben daran, dass so viel zu klären und organisieren ist.“ „Und dann kommen oft auch Anrufe von Angehörigen, die sich nach Patienten erkundigen, oder von Patienten, die Nachfragen zur Behandlung oder einem Medikament haben“, fügt Anja Martin hinzu.
So abwechslungsreich und unvorhergesehen der Alltag in einer Notaufnahme auch ist, ein paar feste Abläufe gibt es trotzdem. „Wir bereiten die Behandlungsräume vor, indem wir Material auffüllen und den Raum hygienisch reinigen. Außerdem bestellen wir Material und Medikamente bei der Apotheke und übernehmen Patienten aus anderen Fachbereichen der Klinik, die akute Hilfe benötigen“, berichtet Martin. Dass die Notaufnahmen auch Notfall-Patienten von Station betreuen und überwachen, hätten viele Außenstehende nicht auf dem Schirm. „Wir kümmern uns nicht nur um Menschen, die von außen kommen, sondern auch um Notfälle im Krankenhaus, weil wir die spezielle Weiterbildung in der Notfallpflege haben“, erläutert sie weiter. „Manchmal müssen wir auch andere Aufgaben übernehmen, weil es die Situation erfordert. Wenn nachts keine Reinigungskraft da ist, müssen wir auch mal ein Isolationszimmer reinigen, damit es für den nächsten wieder frei ist“, sagt sie.
Rund um die Uhr sind die Mitarbeitenden in der Notaufnahme im Einsatz, um Menschen in akuten medizinischen Notlagen zu versorgen. Priorisiert werden die Patienten dabei nach dem Manchester-Triage-System. „Vielen Menschen, die zu uns kommen, ist nicht klar, dass wir nach medizinischer Dringlichkeit und nicht nach Ankunftszeit behandeln“, betont Vivienne Reutzel, die vor knapp einem Jahr die stellvertretende pflegerische Leitung der ZNA in Eberbach übernommen hat. „Wir vergeben keine Termine, sondern behandeln Notfälle zuerst, um Leben zu retten.“ Anja Martin aus der Klinik in Weinheim, betont, dass die Notaufnahmen nicht für die Behandlung von lang bestehenden Erkrankungen zuständig sind. „Es kommt täglich vor, dass Patienten mit einer Überweisung zum Gastroenterologen oder Orthopäden vor uns stehen, weil sie auf eine Facharzttermin unter Umständen einige Monate warten müssen. Aber wir in der Notaufnahme behandeln nur Notfälle.“ Manchmal kämen auch Patienten, die dringend ein Rezept für ein Medikament benötigten. „Dafür ist der Hausarzt oder ein niedergelassener Mediziner zuständig“, erklärt Martin.
„Trotz allem machen wir unseren Job mit großer Leidenschaft und Einsatzbereitschaft“, sagt Vivienne Reutzel. Und bei der Frage, was den vier pflegerischen Leitungen der GRN-Notaufnahmen am meisten Freude bereitet in ihrem Job, sind sie sich alle einig. „Die Abwechslung und das spannende wie herausfordernde Arbeitsumfeld machen mir viel Spaß“, sagt Sven Gärtner. „Die größte Freude bereitet mir das Gefühl, wirklich etwas bewirken zu können, sei es durch schnelle und kompetente Hilfe in lebensbedrohlichen Situationen oder durch ein beruhigendes Wort in angstvollen Momenten“, ergänzt Reutzel.
Der junge Handwerker von heute Morgen hat Glück im Unglück: Sehnen und Knochen sind heilgeblieben, er wird genäht und kann mit einem dicken Verband wieder nach Hause gehen.