Schlaganfall – schnelle Reaktion ist entscheidend

Vortrag an der GRN-Klinik Sinsheim zeigte die akuten Schlaganfallsymptome auf und betonte die große Bedeutung einer reibungslosen Rettungskette


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In Deutschland erleiden rund 200.000 Personen jährlich erstmals einen Schlaganfall. Ein Ereignis, das plötzlich eintritt und für viele Betroffenen mit bleibenden Behinderungen einhergeht: Nur ein Drittel der Schlaganfall-Patienten erholt sich vollständig, viele leiden hingegen an bleibenden Gehirnschäden, verbunden mit Lähmungen und Sprachstörungen. Diese Folgeschäden können minimiert werden, wenn die Symptome rechtzeitig erkannt werden und die Rettungskette reibungslos funktioniert. Wie groß das Interesse an diesem Thema ist, wurde am 21. Januar in einem Vortrag im Rahmen der Reihe „Im Zentrum: Gesundheit“ deutlich: Das Casino der GRN-Klinik Sinsheim war mit rund 200 Besucherinnen und Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt. Das Thema, präsentiert von Privatdozent (PD) Dr. med. Jan Purrucker, Oberarzt der Neurologie in der GRN-Klinik Sinsheim und im Universitätsklinikum Heidelberg, lautete: „Schlaganfall – schlagartig richtig reagieren“. 

FAST – Schlaganfall Konsortium Rhein Neckar

In seinen einleitenden Worten wies Dr. med. Thorsten Lenhard, stellvertretender Chefarzt der Abteilung für Neurologie an der GRN-Klinik Sinsheim, darauf hin, dass der Schlaganfall die fünfthäufigste Todesursache in der westlichen Gesellschaft ist und die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen. Um eine bestmögliche Versorgung von Schlaganfallpatienten zu erzielen – vor allem für Betroffene, die außerhalb großer Zentren leben - wurde das SCHLAGANFALLKONSORTIUM RHEIN-NECKAR (FAST) gegründet. Mehr als 20 Partnerzentren in der Region sind hier miteinander vernetzt und wollen eine bestmögliche, schnellstmögliche, flächendeckende und Wohnort-unabhängige Behandlung bieten. PD Dr. Purrucker ergänzte, dass „FAST“ aber auch allgemein als Abkürzung steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit) und den damit verbundenen Test zur Schnellerkennung eines Schlaganfalls: Hängt bei einer Person beim Versuch zu lächeln ein Mundwinkel herab, können nicht beide Arme nach vorne gestreckt und gehalten werden oder fällt es schwer, einfache Sätze klar und deutlich nachzusprechen, dann kann dies auf einen akuten Schlaganfall hinweisen, und es sollte unverzüglich die 112 angerufen werden.

Stroke Unit – perfekte Hilfe im Ernstfall

Die Patienten werden vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus mit einer sogenannten „Stroke Unit“ gebracht. Hierbei handelt es sich um zertifizierte Spezialstationen, bei denen erfahrene Neurologen und geschultes Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden zusammenarbeiten und eng mit anderen Fachbereichen wie der Kardiologie und Gefäßchirurgie kooperieren. Ziel der Stroke Unit ist es, so schnell wie möglich die passende Akuttherapie einzuleiten, Schlaganfall-Ursachen zu identifizieren, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, aber auch, eine individuelle  Rehabilitation und Nachsorge zu planen.

Ischämie oder Hirnblutung – entscheidend für die Therapie

Bei 80 Prozent der Schlaganfälle ist die Ursache eine Ischämie. Hierbei ist ein Gefäß „verstopft“, wodurch das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird und Hirngewebe abstirbt. Eine andere Ursache für einen Schlaganfall ist die Hirnblutung: Ein Gefäß platzt, Blut tritt in das Hirngewebe und schädigt dieses. Die Symptome des Schlaganfalls sind jedoch – unabhängig vom Auslöser – dieselben. „Für die Therapie, die so schnell wie möglich beginnen muss, ist es ganz entscheidend, die genaue Ursache zu kennen, und diese kann wiederum nur durch bildgebende Verfahren im Krankenhaus diagnostiziert werden“, so PD Dr. Purrucker. Der Neurologe wies deshalb die Besucherinnen und Besucher immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, so schnell wie möglich den Notarzt unter 112 zu rufen: „Ich kann nur immer wieder an Sie appellieren, nicht erst Ihren Hausarzt zu kontaktieren, sondern sofort, wenn der FAST-Test positiv ausfällt, die 112 zu rufen, um so schnell wie möglich im Krankenhaus die notwendige Akuttherapie zu erhalten“ – und so bleibende Behinderungen zu verhindern. Der Appell, die 112 anzurufen, gilt im Übrigen auch, wenn sich die Symptome rasch wieder von selber zurückbilden.

Zwei Akuttherapien

Um das Gefäß bei einem ischämischen Schlaganfall wieder zu öffnen, stehen zwei Akuttherapien zur Auswahl: Die Thrombolysetherapie, bei der die Gerinnselauflösung medikamentös erfolgt, sowie die Thrombektomie für große Gefäßverschlüsse, die dann mittels eines Katheters wieder geöffnet werden. Die Thrombolyse kann nur bis viereinhalb Stunden nach Eintreten des Schlaganfalls erfolgen und ist als alleinige Behandlung auch nur dann wirksam, wenn das Gerinnsel im Schnitt nicht größer als acht Millimeter ist. Ansonsten wird zusätzlich die Thrombektomie eingesetzt. PD Dr. Purrucker: „Ein Team von erfahrenen Neurologen und Neuroradiologen ist notwendig, um die richtige Therapie festzulegen. Im Schlaganfallkonsortium Rhein-Neckar sind wir so miteinander vernetzt, dass wir eine optimale Behandlung bieten können. Sollte ein Neurologe bei der Einlieferung nicht vor Ort sein, so findet ein Telekonsil statt, bei dem Neurologen von außerhalb zugeschaltet und alle relevanten Daten ausgetauscht werden.“

Vorbeugen, aber wie?

Zunächst einmal Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht oder Bluthochdruck wenn möglich ausschalten oder therapieren. Hierzu zählt auch das Vorhofflimmern, welches das Schlaganfallrisiko um das Fünffache erhöht. Der erfahren Neurologe empfiehlt, sich im fortgeschrittenen Alter einmal jährlich durchchecken zu lassen und unbedingt seine Medikamente regelmäßig einzunehmen: „Ein Langzeit-EKG, eine Langzeit-Blutdruckmessung, Bestimmung der Zucker- sowie Cholesterin-Werte sollten regelmäßig durchgeführt und Medikamente keinesfalls eigenmächtig abgesetzt werden!“ Wer weiß, dass er gefährdet ist, sollte seinen aktuellen Medikationsplan, Krankenkassenkarte, Ordner mit Arztberichten und Auskünfte über Allergien - insbesondere Kontrastmittelallergie – zur Hand haben. Dr. Lenhard empfahl darüber hinaus dringend, sich im Alter gegen Grippe impfen zu lassen, da eine durchgemachte Influenza das Schlaganfallrisiko in den darauffolgenden Wochen erhöht. Zum Abschluss appellierte PD Dr. Purrucker noch einmal an das Publikum, bei Schlaganfallsymptomen schnell und richtig zu reagieren: „Im Vergleich mit dem restlichen Baden-Württemberg wird im akuten Notfall in unserer Region immer noch zu wenig die 112 gewählt. Ich hoffe, dass der heutige Abend zur Aufklärung beigetragen hat und Sie Ihr Wissen weitergeben können.“

Bildunterschrift: Dr. med. Thorsten Lenhard (links) und Privatdozent Dr. med. Jan Purrucker