Neue Erkenntnisse zur Lymphknoten-Entfernung bei Brustkrebs

Kein dicker Arm mehr nach Brustkrebs: Aktuelle Studien hinterfragen die Notwendigkeit der Wächterlymphknotenentfernung / Weniger invasive Eingriffe und Nebenwirkungen für Patientinnen


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Beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie von Ende Juni 2025, die sich mit der Brustgesundheit von Frauen beschäftigt, war die Reduktion der Therapie bei Brustkrebs eines der Hauptthemen. Denn aktuelle Studien zeigen, dass die häufig routinemäßige Entfernung des Wächterlymphknotens nicht in jedem Fall mehr notwendig ist. Welche Erkenntnisse aus diesen Studien genau gewonnen werden konnten und welche Patientinnen davon profitieren können, erläutert Dr. Lelia Bauer, Leiterin des Brustzentrums an der GRN-Klinik Weinheim.
 

Die Diagnose Brustkrebs ist ein einschneidendes Erlebnis im Leben jeder betroffenen Frau. Oft haben Patientinnen mit der Angst vor der Erkrankung zu kämpfen. Aber auch Sorgen um Langzeitfolgen der Behandlungen können sehr belasten. So fürchten viele nach der Entfernung von Lymphknoten aus der Achselhöhle ein Lymphödem, also eine Anschwellung des Arms. „Wenn sich Brustkrebszellen im Körper ausbreiten, passiert dies meist über das Lymphsystem. Ein gängiges Verfahren ist deshalb, die sogenannten Wächterlymphknoten in den Achseln operativ zu entfernen und diese auf Krebszellen zu untersuchen“, erläutert Dr. Lelia Bauer, Leiterin des Brustzentrums an der GRN-Klinik Weinheim.
 

Bei den Wächterlymphknoten, oder auch Sentinel genannt, handelt es sich um die ersten Lymphknoten, die auf der Lymphbahn zwischen Brust und Achselhöhle liegen. „Die Entfernung hilft effektiv, die Ausbreitung des Tumors frühzeitig zu erkennen. Doch die Entfernung dieser Lymphknoten bringt Nebenwirkungen mit sich, darunter das Lymphödem – eine schmerzhafte und dauerhafte Schwellung des Arms, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt“, so Dr. Bauer weiter.
 

Doch neue Studien wie die INSEMA- und die Sound-Studie machen Hoffnung: Sie haben die Notwendigkeit eines routinemäßigen Eingriffs an den Lymphknoten in Frage gestellt und somit den Weg für schonendere Therapien geebnet. „Die INSEMA-Studie unter Leitung der Universitäts-Frauenklinik in Rostock ist eine der größten Studien ihrer Art, die den Nutzen der Sentinel-Lymphonodektomie bei Brustkrebspatientinnen mit kleinen Tumoren untersuchte“, erläutert die Chefärztin. „In der Studie wurden Patientinnen nach ihrer Operation entweder einer Wächterlymphknoten-Entfernung oder einer Beobachtungsgruppe ohne Eingriff zugeordnet.“
 

Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patientinnen mit günstigem Tumorprofil, die sich einer brusterhaltenden Operation unterziehen, der Verzicht auf die Entfernung zu keinen schlechteren Ergebnissen in Bezug auf das tumorfreie Überleben oder das Gesamtüberleben führt. „Das bedeutet, dass die Entfernung der Wächterlymphknoten in vielen Fällen nicht mehr zwingend erforderlich ist“, resümiert Dr. Bauer.
 

Auch die Sound-Studie des Europäischen Instituts für Onkologie unterstützt diese Ergebnisse. „Die Studie zeigt, dass bei Brustkrebspatientinnen mit kleinen Tumoren, die im Ultraschall unauffällige Achsellymphknoten hatten, auf die Wächterlymphknoten-Entfernung verzichtet werden kann.“

Darauf hat die Deutsche Krebsgesellschaft reagiert: Die Ergebnisse dieser beiden Studien haben Einzug in die Leitlinie zur Behandlung von Brustkrebs gehalten, so dass der Verzicht auf die Sentinel-Lymphonodektomie bei Patientinnen mit günstigem Tumorprofil nun offiziell in den Behandlungsempfehlungen verankert ist. „Dadurch fällt für diese Patientinnen das Risiko für ein Lymphödem, aber auch für ein postoperativer Schmerz weg“, erklärt die Expertin.
 

„Für Patientinnen ist es ratsam, das Thema mit ihren behandelnden Ärzten zu besprechen, und die neuesten Studienergebnisse in ihre Entscheidung über den besten Behandlungsweg einfließen zu lassen. Es wird immer klarer: Manchmal ist weniger mehr.“