Liebe Patientin und lieber Patient, liebe Angehörige,
Sie selbst oder ein Angehöriger von Ihnen ist mit einem Schlaganfall auf unsere Schlaganfallstation - auch Stroke Unit genannt – aufgenommen worden. Mögliche Symptome eines Schlaganfalls finden sie hier beschrieben. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle wichtige und umfassende Informationen über die akute Schlaganfallversorgung in der Neurologie der GRN-Klinik Sinsheim, aber auch wie es nach der stationären Behandlung für Sie oder ihren Angehörigen weitergehen kann, zur Verfügung stellen. Ferner möchten wir Sie oder ihren Angehörigen bei der Genesung unterstützen und Sie dabei unterstützen, kompetent mit dem Schlaganfall umzugehen.
Wir wissen, dass in der Situation eines akuten Schlaganfalls Sie sich und ihre Familie in einer Ausnahmesituation befinden und oft schwer nachvollziehbar ist, was mit Ihnen oder ihrem Angehörigen passiert, da wir als Ärzt:innen in der Akutsituation schnell handeln müssen.
Mit den folgenden Informationen möchten wir Ihnen und ihrer Familie eine Übersicht über die „Bausteine“ geben, aus der sich die Schlaganfallbehandlung im Krankenhaus zusammensetzt. Die Abfolge verschiedener Teile der Behandlung einer Erkrankung wird auch als Behandlungs- oder Versorgungspfad bezeichnet.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um eine allgemeine Information über häufige Versorgungspfade in der akuten Schlaganfallversorgung handelt. Nicht alle Informationen werden auf Ihre persönliche Situation auch zutreffen.
Üblicherweise kommen Schlaganfallpatientinnen und Patienten entweder von zu Hause (bzw. vom Ort des Symptombeginns) und werden mit dem Rettungswagen in unsere Notambulanz gebracht. Liegt der Schlaganfallbeginn weniger als 4,5 Std. zurück, muss schnell gehandelt werden und entschieden werden, ob eine akute Therapie des Schlaganfalls noch möglich ist. Hierzu erfolgen noch in der Notambulanz eine Bildgebung des Gehirns und der Gehirngefäße mittels Computertomographie, in bestimmten Fällen auch mittels Kernspintomographie. Besteht eine Indikation zur sogenannten rekanalisierenden Therapie, wird diese unmittelbar eingeleitet. Häufig wird dann eine sogenannte Thrombolyse durchgeführt. Hierbei wird das Gerinnsel, das eine Gehirnarterie verschlossen hat, mit einem Medikament (Aktilyse®, Wirkstoff: Alteplase, rekombinantes rt-PA oder Metalyse®, Wirkstoff: Tenecteplase) wiedereröffnet. Diese Therapie wird idealerweise noch im Computertomographen begonnen. Die Thrombolyse ist eine etablierte Behandlungsoption für den akuten Schlaganfall mit einer Zulassung bis 4,5 Std. nach Schlaganfallbeginn. In Einzelfällen kann diese auch noch später (> 4,5 Std.) als individueller Heilversuch nach gründlicher Aufklärung des Patienten oder vorsorgebevollmächtigter Angehöriger durchgeführt werden. Nach Einleiten der Thrombolyse werden die Patient*innen unmittelbar auf unsere Schlaganfalleinheit (Stroke Unit) verlegt.
Für einen Teil der Patient*innen kommt die Thrombolyse nicht in Frage, da sie Kontraindikationen dafür haben. Das bedeutet, dass es medizinische Gründe gibt, weshalb die Thrombolyse für diese Patient*innen keine sichere Behandlungsoption ist.
Die neurologische Abteilung an der Klinik Sinsheim ist außerhalb der Regeldienstzeit nicht mit Neurologen besetzt. Kommen die Schlaganfallpatientin oder der Schlaganfallpatient beispielsweise in der Nacht, erfolgt eine Untersuchung mithilfe des teleneurologischen Netzwerkes der neurologischen Universitätsklinik Heidelberg. Dann werden die Patient*innen von einem Facharzt – oder -ärztin für Neurologie vor der Kamera untersucht. Das kann man sich wie ein „Skype“-Gespräch mit einer besonders sicheren und geschützten Audio- und Videoverbindung vorstellen. Diese sogenannten Telekonsile werden durchgeführt, damit die internistischen Dienstärzt*innen in der GRN-Klinik in der Akutsituation fachneurologisch beraten werden, gegebenenfalls die Indikation zu einer Akuttherapie gestellt und die Akuttherapie durch die Fachneurolog*innen begleitet werden kann.
Sollte sich ein Verschluss einer großen Hirnarterie herausstellen, kann es zusätzlich zur Thrombolyse sinnvoll sein, dass Sie oder ihr Angehöriger schnellstmöglich im Rettungswagen oder auch im Hubschrauber mit Notarztbegleitung in das nächstgelegene neurologische Zentrum verlegt werden müssen. Dies ist in der Regel die neurologische Universitätsklinik in Heidelberg, wo mithilfe einer sogenannten mechanischen Rekanalisation oder auch Thrombektomie in einem Katheter Eingriff das Gerinnsel entfernt werden kann. Bei der mechanischen (oder endovaskulären) Thrombektomie wird das Blutgerinnsel hierbei von der Leiste aus mit einem Katheter entfernt (siehe Bilder). Die Thrombektomie wird in der Regel nur bei Verschlüssen größerer Gefäße eingesetzt. Nach einer kurzen Überwachungszeit werden Patient:innen dann wieder zurück in die Neurologie der GRN-Klinik Sinsheim verlegt.
In einem Teil der Fälle werden beide Verfahren (Thrombolyse und Thrombektomie) kombiniert. In manchen Fällen kann allerdings auch die Thrombektomie aus bestimmten medizinischen Gründen nicht sicher oder ohne Aussicht auf Erfolgt durchgeführt werden. Außerdem kann es passieren, dass bei Ankunft in der neurologischen Universitätsklinik Heidelberg das verschlossene Gefäß allein dank der Thrombolysetherapie schon wieder offen ist und eine Thrombektomie nicht mehr nötig ist.
Eine Stroke Unit (SU) ist eine hochspezialisierte Wachstation und eine Behandlung auf einer SU wird bei den allermeisten Schlaganfallpatienten angewendet. Sie besteht aus einer Behandlung mit einem multiprofessionellen Team, wobei unterschiedliche Berufsgruppen aus Ärztinnen und Ärzten (Neurologie, Kardiologie), Therapeut*innen der Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie, und speziell weitergebildeter therapeutischer Pflegefachfrauen und -Fachmänner (sog. „Stroke Nurses“) aber auch weitere Berufsgruppen wie Neuropsycholog:innen und Mitarbeiter*innen des Entlassmanagments eine Akutbehandlung des Schlaganfalls durchführen. Während dieser Zeit findet eine engmaschige Überwachung der Herzkreislauffunktionen statt. Es werden ggf. Komplikationen wie Schluckstörungen, Lungenentzündung, Blutdruckkrisen, und Herzrhythmusstörungen frühzeitig erkannt und behandelt. Ebenfalls wird nach der Ursache des Schlaganfalls gesucht, um Sie oder ihren Angehörigen möglichst effektiv vor einem neuen Schlaganfall schützen zu können.
Bereits während der Behandlung auf der Stroke Unit beginnt die Rehabilitation der neurologischen Defizite. Mithilfe von Ergo- und Physiotherapeut*innen werden Lähmungen, Koordinationsstörungen oder bspw. auch besondere neuropsychologische Defizite, wie Vernachlässigung einer Körperhälfte behandelt. Logopäd*innen kümmern sich um Störungsbilder der Sprache und insbesondere um die Schluckfunktion. Schlaganfälle gehen häufig mit einer Beeinträchtigung des Schluckens einher, was weitere Diagnostik nötig macht und insbesondere eine engmaschige Betreuung und Therapie der Schluckfunktion benötigt. Speziell geschulte Pflegekräfte sind ebenfalls nicht nur pflegerisch, sondern auch therapeutisch bei der Begleitung der Körperpflege sowie der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) aktiv.
Ist eine engmaschige neurologische Überwachung sowie die häufige Kontrolle der Kreislauffunktion aus medizinischen Gründen nicht mehr nötig, erfolgt, wenn eine Entlassung direkt von der Stroke Unit nicht möglich ist, in der Regel die Verlegung auf die neurologische Normalstation. Hier werden die Therapien fortgesetzt und es beginnt die Planungsphase für die Zeit nach dem akuten Klinikaufenthalt in der Neurologie. Hier spielen unser Entlassmanagement und Sozialdienst die entscheidende Rolle. In Rücksprache mit den behandelnden Ärzt*innen und Therapeut*innen werden die Mitarbeiter*innen des Entlassmangements mit Ihnen und ihren Angehörigen die bestmögliche weitere Versorgung planen. Im Vordergrund steht hier neben der allgemeinen nachstationären Versorgung die Planung einer Rehabilitation. Hierbei geht es darum zu entscheiden, ob eine neurologische oder auch geriatrische Rehabilitation die geeignetere Rehabilitation für Sie bzw. ihren Angehörigen, ihre Angehörige ist.
Ferner unterstützen wir Sie unabhängig von einer Rehabilitation mit allen Kräften - wann immer möglich - in der Rückkehr in den gewohnten häuslichen Rahmen. Hierzu kann es beispielsweise nötig sein, Sozialdienste einzubinden oder auch Hilfsmittel vor Ort zur Verfügung zu stellen. Informationen Rund um dieses Thema finden Sie auf der Homepage der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe („Für Betroffene“) sowie auch zum Thema „Selbsthilfegruppen“. Manchmal muss eine vorübergehende Überleitung in eine Kurzzeitpflege bis zum Beginn der Rehabilitation geplant werden. Sollte dies notwendig sein, werden wir das Thema mit Ihnen besprechen. Unser Entlassmanagement wird Sie dahingehend beraten und einen Kurzzeitpflegeplatz in Rücksprache mit Ihnen und Ihren Angehörigen organisieren. Am Entlasstag bekommen Sie bzw. ihre Angehörige, ihr Angehöriger von ihrem behandelnden Arzt oder ihrer behandelnden Ärztin einen vorläufigen Arztbrief mit. Dieser wird die wichtigsten Aspekte zu ihrem Schlaganfall aufführen, die Entlassmedikation nennen, die sie gegebenenfalls überbrückend von uns per Tabletten oder Rezeptverordnung mitbekommen. Zu keinem Zeitpunkt lässt das Team der Neurologie Sie oder Ihren Angehörigen mit Ihren Fragen, Ihren Wünschen sowie Ihren Sorgen alleine.
Nach einem Schlaganfall können trotz akuter Behandlung mittels Thrombolyse und/oder Thrombektomie Symptome zunächst noch fortbestehen. Das Ausmaß hängt von individuellen Faktoren ab. Ungeachtet dessen besitzt das Gehirn ein Regenerationspotential und Symptome bessern sich im Verlauf nach einem Schlaganfall individuell unterschiedlich schnell. Diese Prozesse sind komplex und beinhalten unter anderem regenerative und neuroplastische Phänomene. Nervenzellen, die durch die akute Durchblutungsstörung in ihrer Funktion beeinträchtigt waren, können sich im Verlauf der ersten Tage auch noch erholen. Ferner können benachbarte Nervenzellen Nervenzellverluste durch Anbahnung neuer Nervenzellkontakte ausgleichen und verlorengegangene Funktion übernehmen. Dieser natürliche Prozess der Neuroplastizität wird durch die Therapien von Beginn an bereits auf der Schlaganfallstation und vor allen Dingen dann in der neurologischen Rehabilitation unterstützt.
Eine wichtige Aufgabe der behandelnden Ärzte ist anhand ihres persönlichen Schlaganfall Risikoprofils die am besten geeignete Sekundärprophylaxe festzulegen, um sie vor weiteren Schlaganfällen zu schützen. Es gibt aber eine Reihe von Maßnahmen und Verhaltensänderungen, die sie selbst in der Hand haben und vornehmen können, um das Risiko für weitere Schlaganfälle in der Zukunft deutlich zu mindern. Hier finden Sie einen Link zu einer ausführlichen Beschreibung der medikamentösen Sekundärprophylaxe und nicht-medikamentösen Maßnahmen einschl. Verhaltensänderungen.
Sollten Sie Interesse an Ihrem persönlichen Patientenpfad haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf. Wir werden versuchen, Ihnen die Fixpunkte Ihrer individuellen Schlaganfallversorgung in einem Übersichtsdokument schriftlich und graphisch zusammenzufassen. Wenn Sie möchten, können Sie auch einen Termin für ein persönliches Gespräch vereinbaren, bei dem wir Ihren Patientenpfad besprechen. Häufig gestellte Fragen finden Sie hier.
Bitte haben Sie als Angehörige dafür Verständnis, dass wir nicht täglich für Angehörigengespräche zur Verfügung stehen können. Wir bieten 1-2 Mal pro Woche die Gelegenheit über den Gesundheitszustand ihres Angehörigen umfassend zu informieren. Bitte halten Sie sich unbedingt an die Besuchszeiten. Angehörigengespräche finden ausschließlich nachmittags ab 14:00 Uhr statt. Ausnahmen können per Terminvereinbarung über den Pflegestützpunkt oder telefonisch unter 07261 – 66 1090 oder auch die Teamassistenz Frau Schüle unter 07261 – 66 1474 vereinbart werden.
Selbstverständlich kontaktieren wir Sie als Angehörige zeitnah über kritische gesundheitliche Verschlechterungen ihres Angehörigen oder wenn wir kurzfristig eine Unterstützung durch Sie brauchen.
Wir versuchen die Qualität unsere Arbeit und damit Ihre Versorgung als Patient bzw. die Versorgung Ihrer Angehörigen stetig zu verbessern. Bitte nutzen Sie die im Zimmer aushängenden Tafeln mit einem QR-Code zur Bewertung und konstruktiven Kritik. Gerne können Sie uns auch Kritik und Lob persönlich rückmelden oder persönlich formuliert in den Briefkasten auf Station werfen.
Nun wünschen wir Ihnen bzw. ihrem Angehörigen eine erfolgreiche Behandlung auf unserer Stroke Unit und eine gute Besserung!
Ihr Team der Neurologie GRN Klinik Sinsheim
Angehörigengespräche finden ausschließlich nachmittags ab 14:00 Uhr statt. Ausnahmen können per Terminvereinbarung über den Pflegestützpunkt oder telefonisch unter 07261 – 66 1090 vereinbart werden.
Kontakt Stationen Neurologie: 07261 – 66 1472
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