„Patient soll nicht mehr das Bett wechseln“

Die Chefärzte Dr. Florian von Pein (GRN-Klinik Weinheim) und Jochen Gebhardt (PZN Wiesloch) im Interview zur interdisziplinären Modellstation des im Entstehen begriffenen Altersmedizinischen Zentrums Weinheim / Neue Mitarbeiter willkommen!


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Der demografische Wandel bedeutet auch für Krankenhäuser eine große Herausforderung. 2030 werden bereits zwei von drei Patienten über 60 Jahre alt sein. Ältere Menschen sind häufig von mehreren Krankheiten und Fähigkeitsstörungen gleichzeitig betroffen. Bei der Versorgung dieser Menschen tragen psychische, physische, aber auch soziale Faktoren zur Gesundung bei. „Daher gehört zu einem Gesamtbehandlungskonzept die gleichwertige Versorgung körperlicher und psychischer Erkrankungen“, wissen Dr. med. Florian von Pein, Chefarzt der Altersmedizin an der GRN-Klinik und GRN-Klinik für Geriatrische Rehabilitation Weinheim, und Jochen Gebhardt, Chefarzt des Gerontopsychiatrischen Zentrums am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch.

In Weinheim ist man sich sicher, mit dem Altersmedizinischen Zentrum ein Versorgungskonzept gefunden zu haben, bei dem alle Patienten behandelt werden, die gleichermaßen einer akutgeriatrischen – dazu gehören beispielsweise Lungenentzündung, Frakturen, Herzschwäche oder Schlaganfall –  und einer gerontopsychiatrischen Versorgung, etwa bei Depressionen, Psychosen, Verwirrtheit oder bei Demenz, bedürfen.

Das Altersmedizinische Zentrum Weinheim (AZW), das derzeit in unmittelbarer Nachbarschaft zur GRN-Klinik entsteht und im Juni 2020 eröffnet werden soll, wird die Gesundheitsangebote des GRN-Verbundes in Weinheim räumlich vereinen und ergänzen. Neben einer 29-Betten-Einheit für die geriatrische Rehabilitation wird hier eine interdisziplinäre Station für Akutgeriatrie (15 Betten) und Alterspsychiatrie (14 Betten) entstehen. Im Interview schildern die beiden verantwortlichen Chefärzte, wie genau die Zusammenarbeit der beiden Einrichtungen zum Erfolg führen soll. Gemeinsam mit Sandra Riechers, Pflegedienstleiterin der GRN-Klinik Weinheim, Sabine Said und André Hieke, Pflegedienstleitungen am PZN in Wiesloch, sind sie verantwortlich für die Umsetzung des Konzeptes.

Herr Dr. von Pein, Herr Gebhardt, Landrat Stefan Dallinger sprach beim Spatenstich für den Neubau des GRN-Betreuungszentrums und des Altersmedizinischen Zentrums im März 2017 von einem „Vorzeigemodell in der Region und darüber hinaus“. Was genau ist das Besondere an dieser Modellstation für die Altersmedizin?

von Pein: Bisher mussten unsere älteren Patienten zwischen den Einrichtungen hin und her verlegt werden. In der neuen Modellstation arbeiten nun das gerontopsychiatrische Team und das geriatrische Team eng zusammen auf einer Station und benutzen teilweise die gleichen Räume.

Gebhardt: Idealerweise wechselt in Zukunft nicht mehr der Patient das Zimmer, sondern das Behandlungsteam am Bett. Mit der räumlichen Zusammenlegung der beiden Einheiten und der Verflechtung des Personals wird in Weinheim der Grundstein für solch eine Pilotstation gelegt, die dieses Ziel verfolgen kann.

Wie genau profitiert der Patient von dem Konzept?

von Pein: Wir können den Patienten ganzheitlicher behandeln und dabei auf ein breites Fachwissen und Therapieangebot zurückgreifen. Schon bei der Planung der Räumlichkeiten und Gestaltung der Station haben wir dabei von dem interdisziplinären Fachwissen profitiert. So wurde zum Beispiel beim Aufbau der Station mit der Beschilderung und Möblierung auf die Einschränkungen und Bedürfnisse der hochbetagten Menschen geachtet. Ziel ist es, nicht nur eine bestimmte Krankheit zu behandeln, sondern den hochbetagten Menschen dabei zu unterstützen, möglichst mobil und selbstständig zu bleiben.

Gebhardt: Ich bin sicher, durch die enge fachliche Zusammenarbeit wird sich die Qualität der medizinischen Versorgung deutlich verbessern, indem beide Seiten im direkten Austausch gegenseitig auf das vorhandene Know-how zugreifen können.

Es handelt sich um eine enge Zusammenarbeit zwischen der GRN-Klinik Weinheim und dem PZN Wiesloch. Wie sieht diese Kooperation im Personalbereich aus?

von Pein: Die Ärzte und das Pflegepersonal sind beim jeweiligen Träger angestellt  und betreuen dementsprechend die Patienten im eigenen Bereich. Es ist jedoch angedacht, dass auf dem kurzen Dienstweg konsiliarische Beratungen möglich sind, wie zum Beispiel gemeinsame Visiten.

Gebhardt: Eine besondere Herausforderung war es, ein Personalmodell für eine Station zu finden, die von verschiedenen Krankenhausträgern betrieben wird. Darüber hinaus streben wir eine weitgehende Verflechtung des Fachpersonals in allen Berufsgruppen an. Bereits umgesetzt ist die Verflechtung in den Bereichen der Physiotherapie, Ergotherapie, im Sozialdienst und in der Psychologie.

Werden auch neue Mitarbeiter gesucht?

von Pein: Natürlich suchen wir aktuell für dieses spannende Projekt auch neue Mitarbeiter, vor allem aus der Pflege. Dabei wären geriatrische oder gerontopsychiatrische Vorkenntnisse hilfreich, wichtiger ist aber die Abenteuerlust, an einem neuen Projekt teilzunehmen und dabei offen für neue Herausforderungen und Erkenntnisse zu sein. Die Mitarbeiter haben die Chance, ihre eigene Kreativität einzubringen. Dabei lernen sie durch das breitgefächerte Fachwissen auf der interdisziplinären Modellstation und die enge Zusammenarbeit der doch recht unterschiedlichen Fachbereiche schon vor Ort sehr viel. Zusätzlich unterstützen wir die Entwicklung natürlich mit Weiterbildungen, um die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern.

Gebhardt: Gerade gerontopsychiatrische Patienten haben oft internistische Komplikationen; ebenso haben Patienten auf einer internistisch-geriatrischen Station häufig psychische Auffälligkeiten. Dies stellt Fachkräfte häufig vor Herausforderungen. Zur größten Herausforderung, die mit der Eröffnung unserer gerontopsychiatrischen Außenstelle verbunden ist, gehört der wachsende Fachkräftebedarf. Dies betrifft vor allem den Pflegedienst. Ziel ist es, Pflegepersonen zu gewinnen, die Spaß und Interesse haben, am neuen interdisziplinären Konzept mitzuarbeiten sowie es aktiv zu gestalten. Mit dem neuen Konzept kann jetzt ein intensiver Austausch erfolgen, der im beruflichen Alltag Sicherheit gibt. Auf dieser Station können Ärzte und Pflegepersonal eine zusätzliche fachliche Expertise erwerben, die auch in anderen Bereichen der klinischen Versorgung aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend gefragt sein wird.

Bildunterschrift: Dr. med. Florian von Pein (2.v.l.), und Jochen Gebhardt (2.v.r.) setzen gemeinsam mit Sandra Riechers und André Hieke das Konzept des Altersmedizinischen Zentrums Weinheim um. (Foto: Callies/GRN)