„Man kann nichts falsch machen“

Chefarzt PD Dr. Bopp zeigt praktische Lebensrettung in der Schwetzinger Innenstadt / Passanten frischen vorhandenes Wissen auf / im Laufe der Woche Aktionen in Schwetzinger Schulen


News/Pressemitteilungen

Es könnte eine echte Notfallsituation sein: Auf dem Boden in der Fußgängerzone der Schwetzinger Innenstadt (Kleine Planken) liegt – zum Glück – nur eine Puppe. Herzstillstand. Der Oberkörper ist frei, Dr. Bopp kniet darüber, beugt sich vor und zeigt, wie einfach jeder zum Lebensretter werden kann: linker Handballen auf dem Brustkorb, die rechte Hand verschränkt darüber, Arme durchdrücken und gedanklich im Takt von „I will survive“, „Highway to hell“ oder „Atemlos durch die Nacht“ 100-120 Mal pro Minute drücken. 

Im Rahmen der bundesweiten Woche der Wiederbelebung macht Privatdozent Dr. Christian Bopp, Chefarzt der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin der GRN-Klinik Schwetzingen, mit dem Ärztenetz Schwetzingen und Helfern des Deutschen Roten Kreuzes auf das wichtige Thema „Leben retten“ aufmerksam. Jeder darf sich dabei auch selbst ausprobieren.

Viele Passanten schlendern vorbei – keine Zeit für Wiederbelebung – einige bleiben stehen, informieren sich und machen selbst Trockenübungen an der Puppe. „Ich finde die Aktion gut“, sagt Kirsten Göbel aus Oftersheim, die ihr Wissen mit etwa 10 Minuten Zeitaufwand aufgefrischt hat. Sie findet: „Das wird viel zu wenig gemacht.“ Mitgenommen hat sie eine neu gewonnene Selbstsicherheit: „Ich konnte mich ausprobieren, fühle mich sicherer. Wenn etwas passiert, würde ich nicht wegschauen, sondern weiß jetzt, wie ich helfen kann.“

Ein Junge aus der 9. Klasse ist am Zug: Die Frage nach der Notrufnummer beantwortet er prompt: „112“. Dr. Bopp kniet sich mit ihm zur Wiederbelebungspuppe, und erläutert zunächst den Ablauf im Notfall: Als erstes wird die leblos wirkende Person angesprochen: „Hallo? Hören Sie mich? Wie heißen Sie?“ Die Atmung wird überprüft und nach Lebenszeichen gesucht Und dann der Notruf gewählt. Danach beginnt bei Herzstillstand die Herzdruckmassage. Dabei zählt jede Sekunde, denn das Gehirn erleidet bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand nach drei bis fünf Minuten erste Folgeschäden. Eine Herzdruckmassage bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes kann die Überlebenschance verdoppeln bis verdreifachen. Bestenfalls ist eine weitere Person anwesend, die den Notruf parallel absetzt, ggf. einen Automatisierten Externen Defibrillator (AED) holt und damit man sich gegenseitig ablösen kann– denn auf Dauer, so haben einige der Passanten festgestellt, ein ganz schöner Kraftakt.

Reinhard Stronz, aus Bielefeld an diesem Tag zu Besuch in Schwetzingen, räumt ein, dass 3 Minuten zu Helene Fischer tanzen sehr viel einfacher ist als 3 Minuten Herzdruckmassage. Er begrüßt die Aktion, konnte „Erlerntes in Erinnerung rufen und sein Wissen bestätigen.“

„Man sollte sich im Notfall unbedingt trauen zu helfen“, findet Helga Ziegele aus Schwetzingen. „Man kann nichts falsch machen!“
Edith Gieser aus Hockenheim kommt jedes Jahr zum Aktionstag nach Schwetzingen, nutzt die Gelegenheit für Einkäufe auf dem Markt. „Ich finde das sehr gut“, sagt sie. „Jeder kann dabei etwas lernen. Man kann immer mal in eine Situation kommen, in der es notwendig ist, Erste Hilfe zu leisten.“

Die Quote der Ersthelfer liegt in Deutschland aktuell bei ca. 40 Prozent. „Vor 10 Jahren waren es noch 20 Prozent“, ordnet PD Dr. Christian Bopp ein. Würde jeder sich trauen, im Ernstfall zu helfen, könnten viele Menschenleben gerettet werden. Er engagiert sich deshalb seit 8 Jahren für die Aktion „Ein Leben retten – 100 pro Reanimation“. Neben dem Angebot in der Schwetzinger Innenstadt ist er im Laufe der Woche in achten und neunten Klassen des Privat- und Wirtschaftsgymnasiums sowie der Carl-Theodor-Schule unterwegs und bringt dort Schwetzinger Schülern das Thema Wiederbelebung näher. 

Ein Notfall kann sich überall ereignen: In der Schule wie auch im Büro, beim Sport oder daheim. „Solche Situationen passieren häufig im privaten Umfeld“, erklärt Dr. Bopp. „Dann geht es darum, das Leben einer uns nahestehenden Person zu retten, wie unsere Eltern, Kinder, Freunde oder Arbeitskollegen.“ Dabei zählt jede Sekunde, denn das Gehirn kann bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand höchstens drei bis fünf Minuten überleben. Bereits nach drei Minuten ohne Sauerstoff kann es zu bleibenden Schäden am Gehirn kommen. Doch nur bei rund 40 Prozent der Herzstillstände in Deutschland führen Ersthelfer die lebensrettenden Handgriffe aus.

„Wir wollen den Menschen die Angst nehmen, etwas falsch zu machen“, sagt der Chefarzt. „Für einen Laien ist es oft schon ausreichend, wenn er zehn Minuten eine Herzdruckmassage durchführt bis das erste Rettungsmittel eintrifft. Die Beatmung von Mund zu Nase ist in vielen Fällen wegen unseres gut funktionierenden Rettungssystems in Deutschland nicht nötig.“

 

Nähere Infos zur Aktion gibt es im Internet unter www.einlebenretten.de