„Die Tumorzellen werden quasi ausgehungert“

Vortrag an der GRN-Klinik Weinheim informiert über den aktuellen Stand der Antihormontherapie bei Brustkrebs


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Noch immer ist Brustkrebs bei Frauen die häufigste Krebserkrankung. Statistisch gesehen erkrankt daran etwa jede achte Frau im Laufe ihres Lebens. Bei bösartigen Brusttumoren, die abhängig von weiblichen Geschlechtshormonen wachsen, kommt die Antihormontherapie  - auch endokrine Therapie genannt - zum Einsatz. Über deren neuesten Entwicklungen, Wirkung, Nebenwirkungen und das Nebenwirkungsmanagement sprach Oberärztin Dr. Bettina Müller in ihrem Vortrag, der im Rahmen der Reihe „Was Frauen bewegt“ in der Cafeteria der GRN-Klinik Weinheim stattfand.

Dr. Bettina Müller beginnt ihren anschaulichen Vortrag und erklärt das Prinzip der Antihormontherapie „Die überwiegende Mehrheit der Brustkrebszellen trägt auf ihrer Oberfläche Hormonrezeptoren. Kommen diese mit bestimmten weiblichen Geschlechtshormonen in Kontakt, können sie wachsen. „Dadurch, dass wir bei der endokrinen Therapie die Bildung oder Wirkung dieser Hormone blockieren, verhindern wir das Wachstum hormonempfindlicher Tumorzellen. Wir hungern die Tumorzelle quasi aus.“
Ganz entscheidend für den Erfolg der Therapie sei die genaue und individuelle Bestimmung des Risikoprofils der betroffenen Patientinnen. „Wir arbeiten nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern klären Erkrankung und Risiko-Status jeder Patientin ganz individuell.“ Hierzu gehöre es, die Größe und Aggressivität des Tumors zu bestimmen, herauszufinden, ob er bereits gestreut habe oder Lymphknoten befallen seien. „Je größer der Tumor und je mehr Lymphknoten befallen sind oder je aggressiver ein Karzinom, umso größer ist das Risiko für Rezidive und eine spätere Metastasierung. Und ein hohes Risiko bedeutet unter Umständen eine Chemotherapie und eine verlängerte endokrine Therapie“, erläutert die Gynäkologin. „Mit dieser kann schon vor der Operation begonnen werden, also wenn der Tumor noch im Körper ist. Wir müssen sehen, wie der Tumor sich unter der Therapie verhält, um diese dann individuell anzupassen.“

Auch nach der OP werde die Antihormontherapie fortgesetzt und es folge bei gewissen hoch Risiko Situationen noch eine weitere Nachbehandlung, ein sogenanntes add on. Die Kombination mit neu zugelassenen Medikamenten wie CDK4/6-Inhibitoren, würde die Wirkung der Hormontherapie mit einem signifikanten Überlebensvorteil für diese Patientinnen verstärken. „Das ermöglicht uns, auf eine weitere Chemotherapie zu verzichten, die wir unseren Patientinnen gerne ersparen wollen,“ so die Oberärztin. Mit dem CDK- Inhibitor Abemaciclib laufe derzeit eine Studie, an der sich die GRN-Klinik Weinheim beteilige und auch noch Patientinnen teilnehmen könnten.

Dr. Müller sprach zum Schluss auch über die Nebenwirkungen der eingesetzten Wirkstoffe, von denen die Patientinnen unterschiedlich betroffen seien: „Leider machen sich diese Nebenwirkungen im ganzen Körper bemerkbar – von der Haarspitze bis zu den Füßen.“ Am häufigsten würden Knochen- und Muskelschmerzen, Hitzewallungen oder auch kardiale Schäden und vaginale Blutungen auftreten. Abhilfe könne die Phytotherapie schaffen, von der definitiv bewiesen sei, dass sie die Lebensqualität steigere, besonders die Misteltherapie. Aber auch Nahrungsergänzungsmittel und vor allem Sport hätten eine positive Wirkung. Drei bis fünf Stunden die Woche empfiehlt die Gynäkologin: „Durch Ihre Erkrankung sollen Sie Ihren Sport nicht vermindern. Er hat eine unglaublich positive Wirkung auf Ihr Wohlbefinden und auf unsere gesamte Therapie – in jedem Alter, bei jedem Gewicht!“