GRNplus Mai / 2021

6 Zeit für Gespräche und Physiotherapie Oberarzt koordiniert Dr. Jens Müller den Einsatz von bis zu 25 Ärzten aus der Anästhesie und anderen Fachbereichen, die zeitweise dort tätig sind. In der Zentrale der Intensivstation hat das Team die Monitore immer im Blick, die Aufschluss geben über die Vitalfunktionen der Patienten: Herzfrequenz, Puls, Blutdruck und Atemfrequenz. Bei Patienten, die künstlich beatmet werden, kommen weitere Parameter hinzu. An diesem Vormittag ist alles im „grünen Bereich“, wenngleich die Monitore auch blaue, rote und grüne Kurven anzeigen – denn jede Vitalfunktion hat ihre eigene Farbe. Die Schiebetüren zu den Zimmern stehen – mit Ausnahme der Isolierzimmer – offen. Die vergleichsweise ruhige Phase nutzt das Team aus Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten für individuelle Gespräche und Übungen mit den Patienten. Wenn es der Gesundheitszustand zulässt, werden die Menschen bereits auf der Intensivstation mobilisiert. Das bringt – laienhaft ausgedrückt – nicht nur den Kreislauf in Schwung, sondern gibt den Patienten auch das Gefühl, die Kontrolle über ihren Körper zurückzubekommen, was wiederum der Seele guttut. Atemübungen und Bewegungstraining im Sitzen oder die Unterstützung beim Essen prägen neben den zahlreichen Gesprächen und pflegerischen Tätigkeiten den Alltag. Intensivmedizin Intensivstationen gibt es noch gar nicht so lange. Sie entstanden erst in den 1950er-Jahren als direkte Folge der großen Polio-Epidemie von 1952. Viele Patienten mussten künstlich beatmet werden, aber es gab viel zu wenige Beatmungsmaschinen. Als Gründungsvater gilt der dänische Anästhesist Björn Ibsen, der 1954 die erste Intensivstation in Kopenhagen gründete. Für die künstliche Langzeitbeatmung nutzte er – anstelle der „Eisernen Lunge“, die mit Unterdruck arbeitete, was zu hohen CO2-Werten in der Ausatmungsluft führte – die damals nur bei Operationen übliche Methode der Intubation, bei der ein Schlauch über Mund, Nase oder Rachen eingeführt wird. Dabei wird Sauerstoff mit Überdruck in die Lunge gepresst, anschließend atmet die Lunge selbstständig wieder aus. Die Verbesserung der Überlebenschancen der Patienten hatte damals aber auch andere Gründe. So wurden alle Patienten mit Atemproblemen in einer Abteilung zusammengelegt. Dort kümmerte sich ein Team von Ärzten verschiedener Fachrichtungen, unterstützt von Pflegern und Physiotherapeuten, intensiv um die Patienten. Dieser interdisziplinäre Ansatz war gewissermaßen die Geburtsstunde der Intensivstationen, die ab den 1960er-Jahren in vielen Krankenhäusern entstanden. Die Durchführung großer Operationen, aber auch die Notfallversorgung sind heute ohne Intensivstationen nicht mehr vorstellbar. Die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) liefert dazu folgende Definition: „Mit dem Begriff Intensivmedizin werden zum einen medizinische Verfahren zur Überwachung, Wiederherstellung und Aufrechterhaltung gefährdeter oder gestörter Vitalfunktionen bei lebensbedrohlich Verletzten oder Erkrankten bezeichnet. Zum anderen beinhaltet der Begriff spezielle medizinische Strukturen in Form gesonderter Betteneinheiten, deren personelle Besetzung und apparative Ausstattung die notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung derartiger Verfahren zur Protektion der Vitalfunktion bieten.“ (Quellen: DGIIN, Wikipedia und GEO Wissen) Stichwort

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