GRNplus Mai / 2021

11 „Man sollte in der Familie frühzeitig darüber reden“, empfiehlt Priv.-Doz. Dr. Christian Bopp, der als Chefarzt für die Intensivstation der GRN-Klinik Schwetzingen verantwortlich ist. In einer Patientenverfügung kann schriftlich fixiert werden, ob und wie man für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit in bestimmten Situationen ärztlich behandelt werden möchte. „Je konkreter formuliert, desto besser“, ergänzt der pflegerische Leiter der Intensivstation, Rolf Müller. Mehr als 60 Prozent der Patienten, die auf die Intensivstation kommen, haben eine Patientenverfügung, schätzt Müller und ergänzt: „Damit senden sie uns auch ein Signal zum verantwortungsvollen Umgang mit ihren Bedürfnissen und Ängsten.“ Liegt keine Patientenverfügung vor, versuche man im engen Dialog mit den Angehörigen, die bestmöglichen Entscheidungen im Sinne des mutmaßlichen Patientenwillens zu treffen, falls sich dieser nicht mehr selbst äußern kann. „Der Wille des Patienten muss dabei immer der Maßstab sein“, betont Rolf Müller. Aus seiner langjährigen Erfahrung und aus vielen Gesprächen weiß er einerseits um die Angst vor der sogenannten Apparatemedizin. Andererseits verlieren die medizinischen Geräte ein wenig von ihrem Schrecken, wenn man sich vor Augen führt, dass sie bei Organausfällen deren Funktion nur so lange übernehmen, bis der Körper dazu wieder selbst in der Lage ist. Ein weiterer Aspekt, der Angehörige und Patienten umtreibt, sei der Wunsch, nicht leiden zu müssen. Dies könne in den meisten Fällen gut mit einer individuellen Schmerztherapie sichergestellt werden. Auch die Sedierung, die im Volksmund als „künstliches Koma“ bezeichnet wird, könne zur Symptomkontrolle eingesetzt werden, ergänzt Dr. Christian Bopp. Dabei räumt er allerdings gleich mit dem Vorurteil auf, dass Patienten auf Intensivstationen sehr häufig für lange Zeit ins „künstliche Koma“ versetzt werden. Heute würde man notwendige Sedierungsphasen so kurz wie möglich halten, vor allem um Verwirrtheitszustände (Delir) zu vermeiden, aber zum Beispiel auch, um den Abbau der Atemmuskulatur zu vermeiden. Wache und kontaktfähige Patienten würden sich in der Regel auch schneller erholen. Wenn trotz aller Bemühungen der Gesundheitszustand akut lebensbedrohlich wird, dann kann eine klar formulierte Patientenverfügung auch emotional eine große Hilfe für Angehörige sein, weil man sich darauf besinnt, was der geliebte Mensch selbst für diesen Fall festgelegt hat. Das gibt den Angehörigen, aber auch dem Team der Intensivstation Sicherheit. Zwei weitere Aspekte sind Rolf Müller und Dr. Christian Bopp bei diesem Thema noch wichtig: Erstens sollte man seine einmal formulierte Patientenverfügung regelmäßig nach einigen Jahren aktualisieren. Denn immer wieder erlebe man, dass Patienten ihre Meinung ändern, weil sich im Laufe der Jahre ihre gesamte Lebenssituation verändert hat. Zweitens sollte man darüber stets mit seinen engsten Angehörigen sprechen, damit sie im Ernstfall wissen, was zu tun ist. pro Ausführliche Infos zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht gibt es zum Beispiel beim Bundesgesundheitsministerium und beim Bundesministerium der Justiz über die folgenden Kurzlinks oder durch Scannen des QR-Codes: bit.ly/3wmwlYE bzw. bit.ly/3N53H49 Es ist ein Thema, das viele Menschen lieber verdrängen. Doch eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht sind wichtige Hilfestellungen für Angehörige, wenn ein Mensch seinen Willen vorübergehend oder dauerhaft nicht selbst artikulieren kann. maßgeblich des Patienten ist Der Wille Das Bundesjustizministerium hat zum Thema Patientenverfügung eine Info-Broschüre veröffentlicht. Wie sichere ich meine Selbstbestimmung in gesundheitlichen Angelegenheiten ? Patientenverfügung VORSORGE UND PATIENTENTRECHTE

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