GRNplus Oktober / 2022

12 Als „neu“ will Chefärztin Dr. Annette Maleika dieses Verfahren für ihr Fachgebiet allerdings nicht bezeichnet wissen. Heute werden in der gynäkologischen Fachrichtung eine Vielzahl von minimal- invasiven OP-Verfahren angeboten. Aber schon vor über 100 Jahren begannen die Ärzte Operationen „via naturalis“ durchzuführen: Ein Operieren durch natürliche Höhlen, in erster Linie Operationen an der Gebärmutter. Bei welchen Krankheitsbildern in der Gynäkologie kommt das Verfahren zum Einsatz? Dr. Annette Maleika: Bei Beschwerdebildern des Bauchraums und der Gebärmutter. Bei unerfülltem Kinderwunsch. Verdacht auf Zysten und Myome. Bei unbestimmten Schmerzen im Unterleib. Anhaltenden Blutungsstörungen, Senkungsbeschwerden, Inkontinenz … um nur die wichtigsten zu nennen. Der große Vorteil dieser OP-Technik liegt im schonenden Arbeiten im Gewebe, weniger postoperativer Wundschmerz und einer schnelleren Rekonvaleszenz. Die Hälfte unserer Operationen findet heute endoskopisch statt – angefangen von Problembehebungen in der Gebärmutter, über Eierstöcke entfernen und Eileiterschwangerschaften erkennen und entfernen. Tatsächlich kann die Gebärmutter in vielen Fällen minimal-invasiv entfernt werden. Alles ohne den Bauchraum öffnen zu müssen. Dabei wird diese abgetrennt und entweder vaginal entfernt oder im Bauchraum in kleine Stücke zerkleinert und extrahiert. Das klingt aber sehr aufwändig. Die Gebärmutter zerkleinern und dann in winzige Stücke zerteilt herauszuholen. Dr. Annette Maleika: Nein, überhaupt nicht. Es gibt bei der Gebärmutter ja nicht viele Strukturen, die man entfernen muss, lediglich zwei Bänder und Gefäße müssen durchtrennt werden. Den Gebärmutterhals versuchen wir, wenn möglich, in der Frauenheilkunde Minimal-invasive Eingriffe sind für die Patientin in der Regel schonender und belasten den Körper weniger als konventionelle, „offene“ Operationen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Gynäkologie. Sanft und stark - Minimal-invasiv stehenzulassen, um einer Beckenbodensenkung vorzubeugen. Speziell bei jüngeren Frauen ist das wichtig. Auch eine Sterilisation ist laparoskopisch möglich. Ebenso die Ursachenfindung bei der Diagnose unerfüllter Kinderwunsch. Welches Vorgehen kommt hier zum Einsatz? Dr. Annette Maleika: Die Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) erlaubt einen Blick in das Innere der Gebärmutterhöhle. Die Bauchspiegelung ermöglicht uns zusätzlich den Blick auf die Eileiter. Über die Gebärmutter wird nun ein blauer Farbstoff gespritzt und somit die Durchgängigkeit der Eileiter getestet. Gibt es auch Bereiche, für die Sie das minimal-invasive Operieren nicht empfehlen? Dr. Annette Maleika: Bei bestimmten Krebsarten ist es besser, offen zu operieren. ZumBeispiel bei Gebärmutterhalskrebs. Hier hat sich gezeigt, dass das Rezidiv nach einer minimal-invasiven Operation höher ist. Oder auch bei Eierstockkrebs. Immer wenn es wichtig ist, dass die ganze Tumormasse ohne Rückstände entfernt werden muss, empfehlen wir die offene Operation. Sie haben viel von Vorteilen gesprochen: Gibt es auch Nachteile? Dr. Annette Maleika: Nachteile nicht. Aber Herausforderungen: Die Instrumente! Diese Trokare und Instrumente sind so winzig … Noch eine generelle Frage: Haben sich die Diagnosen und Krankheitsbilder in der Gynäkologie in den letzten Jahren verändert? Dr. Annette Maleika: Es gibt zum einen viel mehr Krebserkrankungen. In erster Linie Brustkrebs. Heute bekommt jede 7. Frau Brustkrebs, vor 10 Jahren war es nur jede 20. Frau. Auffällig ist auch die massiv steigende Kaiserschnittrate und: Der dritte Bereich ist die Behandlung von Inkontinenz. Das ist natürlich kein neues Thema, aber eines, das früher mit Scham behaftet war und deshalb verschwiegen und einfach so hingekommen wurde. Das hat sich zum Glück verändert! bw Dr. Annette Maleika, Chefärztin und Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Foto: GLH

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