GRNplus Oktober / 2022

Bei herkömmlichen Verfahren zur Implantation eines neuen Hüftgelenks müssen Muskeln, Sehnen und Gewebe durchtrennt werden. Folgen können lange Genesungszeiten, Heilungs- und Gangstörungen sein. Die minimal-invasive Operationstechnik hat sich als schonende Methode etabliert, da keine Muskeln und Sehnen auf dem Weg zum Hüftgelenk durchtrennt werden. Wir haben uns mit Dr. Stefan Brosche, seit April 2022 Oberarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie an der GRN-Klinik Schwetzingen, über minimal-invasive Operationstechniken im Bereich der Hüfte unterhalten. Was sind die Vorteile einer minimal-invasiven Operation für den Bereich der Hüfte? Dr. Stefan Brosche: Bei einer minimal-invasiven Operation nutzen Operateure die natürlichen Lücken zwischen den Muskeln, um zum Hüftgelenk zu gelangen. Wir schieben Muskeln, Sehnen, Gefäße und Nerven weitestmöglich zur Seite, anstatt sie, wie sonst üblich, zu durchtrennen und nachher wieder zu vernähen. Das geöffnete Gewebe wird während der Operation von zwei Haken zur Seite gehalten. Muskeln und Sehnen bleiben erhalten, die Hautschnitte sind zudem etwas kleiner. Der Begriff minimal-invasiv bezieht sich im Bereich der Hüfte also nicht so sehr auf die Länge des Hautschnittes, sondern vielmehr auf den Erhalt des umliegenden Gewebes. Was sind die Herausforderungen bei einer minimal-invasiven Hüft-Operation? Dr. Stefan Brosche: Wie bei jeder anderen minimal-invasiven OP hat der Operateur ein eingeschränktes Sichtfeld. Das erfordert viel Erfahrung. Ich habe mich auf die sogenannte AMIS-Technik spezialisiert. AMIS steht für „Anterior Minimally Invasive Surgery“, man nennt es auch DAA, das steht für „Direct Anterior Approach“. Anterior Minimally Invasive Surgery bedeutet auf Deutsch: minimal-invasive Operationstechnik. Das „anterior“ steht für vorne. Der von mir gewählte Zugang zum Hüftgelenk von vorne durch das sogenannte Hueter-Intervall ist der schnellste und direkteste Operationsweg zur Hüfte. Es hat sich für mich als das schlüssigste Verfahren herauskristallisiert. Denn als einziger Operationsweg verläuft der direkte vordeMinimal-invasive Hüftoperationen Das Hüftgelenk ist das am tiefsten gelegene große Gelenk des Körpers und ringsum von Muskeln umschlossen. Die häufigsten Ursachen für Schmerzen an der Hüfte sind Verschleißerscheinungen am Gelenk, diese machen oftmals den Einsatz einer künstlichen Hüfte erforderlich. re Zugang sowohl zwischen den Muskeln als auch zwischen den Innervationsgebieten der Muskulatur. Dieser Zugangsweg bedeutet für den Patienten weniger Blutverlust, weniger Schmerzen, schnellere Rekonvaleszenz. Und was bedeutet „Hueter-Intervall“? Dr. Stefan Brosche: Das Hueter-Intervall wird auf Carl Hueter zurückgeführt, der den Zugangsweg von vorne bereits 1870 für Operationen am Hüftgelenk beschrieb. Der Zugangsweg von vorne ist der einzige Zugang zum Hüftgelenk, der sowohl intermuskulär als auch internerval (das bedeutet zwischen Nerven) verläuft. Sie klingen richtig begeistert! Dr. Stefan Brosche: Schon im Studium war ich von der Endoprothetik, auf die ich seit 2017 spezialisiert bin, fasziniert. Ich war schon immer ein begeisterter „Hakenhalter“ und bis heute finde ich diese Methode einfach schön. Es ist herausfordernd, ja, aber für den Körper des Patienten so viel schonender und problemloser als herkömmliche Methoden. Und wenn wir nach der OP die Haken entfernen, dann schließen sich die Muskeln fast wie von selbst. Es erinnert jedes Mal wieder an einen Vorhang, der sich nach einer Aufführung schließt. Es ist wunderbar. Gefühlt bekommen immer mehr Menschen immer früher eine neue künstliche Hüfte. Welche Erklärungen gibt dafür? Dr. Stefan Brosche: Die Menschen werden immer älter und wollen – im Gegensatz zu früher, wo es „egal“ war, ob jemand am Stock ging oder hinkte, das schien damals ganz normal zu sein – bis ins hohe Alter mobil und agil sein. Heute ist es dagegen normal, dass über 70-Jährige dank neuer Hüfte Tennis spielen und Skifahren.  bw Schonend und schnell: Dr. Stefan Brosche, Oberarzt und Spezialist der Endoprothetik. Foto: GRN

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