GRNplus Oktober / 2018

10 GRNplus: Was bedeutet Pflege überhaupt? Sonja Beetz: Neben der Erfüllung der körperlichen Grundbe- dürfnisse und der Behandlungspflege umfasst die Pflege auch die psychosoziale Versorgung des pflegebedürftigen Men- schen. Diese basiert auf der Biografie des Bewohners. Die Angebote im Betreuungszentrum (BZ) werden individuell mit Einzel- und Gruppenangeboten gestaltet. So kann eine Bewoh- nerin, die gerne gekocht hat, an der Kochgruppe teilnehmen oder ein Bewohner weiter seinem Hobby Gärtnern nachgehen. Pflege ist allumfassend, beginnend bei der Grundversorgung bis hin zur Sterbebegleitung. Für viele Bewohner ist das Pfle- ge- und Betreuungspersonal der Familienersatz oder ein Teil der Familie. Sandra Riechers: Krankenpflege ist die Betreuung und Versor- gung von Menschen aller Altersgruppen. Im Fokus stehen die Aktivitäten des täglichen Lebens, z.B. in der Körperpflege oder Ernährung. In der Behandlungspflege übernimmt die Fachkraft Aufgaben, die ärztlich verordnet wurden, wie zum Beispiel die Wundversorgung. Pflege ist aber noch mehr. Sie ist ein Dienst am Menschen, der aus dem Herzen kommt. Ein Beruf, der eine Berufung ist. Unsere Pflegekräfte fangen die Patienten mental auf, wenn es keine gute Diagnose gibt. Sie haben ein offenes Ohr für ratlose Angehörige. Sie begleiten den sterbenden Pati- enten auf dem letzten Weg. GRNplus: Welche besonderen Herausforderungen bringt die Pflege heutzutage mit sich? Beetz: Durch die finanziellen und gesetzlichen Rahmenbedin- gungen steht den Einrichtungen nur ein begrenztes Budget zur Personalbeschaffung zur Verfügung, dies wird durch den Perso- nalschlüssel bemessen. Es ist für unsere Mitarbeiter oft schwer, allen Ansprüchen in der zur Verfügung stehenden Zeit gerecht zu werden. Zudem ist der Dokumentationsaufwand sehr hoch. Die Mitarbeiter schaffen es trotz eines vollgepackten Alltags aber immer wieder, ein familiäres Umfeld für unsere Bewohner zu schaffen. Riechers: Eine besondere Herausforderung ist der Wettbewerb im Gesundheitswesen. Wettbewerb gibt es nicht nur im Bereich der Patientenzuweisungen, sondern auch bei der Personalge- winnung. Außerdem steigt die Anzahl pflegebedürftiger Pati- enten und der Anteil an administrativem Aufwand. Der Spagat zwischen Bedarf und Machbarkeit erfordert viel Flexibilität und die Fähigkeit, die richtigen Prioritäten zu setzen. Dieser Wettbe- werbsgedanke im Gesundheitswesen ist politisch gewollt und stellt uns in der Pflege heute vor große Herausforderungen. GRNplus: Stichwort: „Pflege kann jeder“ – mit welchen Vorurteilen sehen sich die Einrichtungen konfrontiert? Beetz: Neben den praktischen Dingen ist auch jede Menge „Kopfarbeit“ gefordert. Die Pflege eines Menschen muss sorg- fältig geplant und regelmäßig evaluiert werden. Das bedeutet, die Ressourcen und Probleme eines Menschen müssen er- kannt und Maßnahmen geplant werden. Die Pflege bleibt ein anspruchsvoller Beruf. Deshalb ist ein hohes Maß an Motivati- on, Kommunikationsbereitschaft und Verständnis, sprachlich und emotional, notwendig. Wir sind offen für alle, die den Beruf empathisch ergreifen möchten, setzen aber ein Sprachniveau von mindestens B2 voraus. „Ein Beruf, der Berufung ist“ Im Interview mit GRNplus sprechen Sonja Beetz, Pflegedienstleiterin des Betreuungszentrums, und Sandra Riechers, Pflegedienstleiterin der GRN-Klinik und der Klinik für Geriatrische Rehabilita- tion, über die besonderen Herausforderungen in der Pflege und über die not- wendigen Eigenschaften der Mitarbeiter.

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